Ein großes Fest von Diakonen
Vor einem Jahr gemietet
Bereits vor einem Jahr wurde die gesamte Jugendherberge angemietet, dazu war die Stadthalle auch noch zu haben, ein schöner Spaziergang zwischen den beiden Zentren. Die Stadtspitze war zudem von der Idee sehr angetan, die Hotellerie sprang ebenso auf den Zug, sodass am Ende des Wochenendes alle zufrieden waren.
Die jüngste Teilnehmerin ist die kleine Anna. Mit ihren vier Monaten schaut sie einen manchmal sprachlos, dann breit lächelnd an. Ihr großer Bruder ist der fünfjährige Fritz. Der hat sofort Gleichaltrige ausfindig gemacht und tobt mit ihnen durch die Jugendherberge.
Die Eltern der beiden sind Florian (35) und Katrin (34) Regenhardt aus Dinkelsbühl. Beide haben die Ausbildung zum Diakon sowie zur Diakonin absolviert. „Ich finde die Gemeinschaft meines Mannes gut und schön“, sagt anerkennend Katrin. Sie sei gerne Diakonin, sie haben eine eigene Gemeinschaftsform, „aber Brüderschaft ist etwas ganz anderes“, hebt sie hervor. Florian ist studierter Sozialpädagoge und arbeitet im Fachdienst einer Jugendhilfe-Einrichtung in Feuchtwangen. Erst war er in Elternzeit, jetzt sie. Die Eheleute finden es spannend, gemeinsam in der großen Diakonenfamilie unterwegs zu sein.
Hoch her ging es im Innenhof der Jugendherberge, als bei warmen spätsommerlichen Temperaturen die Teilnehmer nach und nach eintrudelten. Ein permanentes Umarmen, ein breites „Servus“, alle duzen sich, auch wenn längst nicht alle sich kennen. So ist das bei den Brüdern. Und der Boss? Der Leiter der Diakonenbrüderschaft? Peter Barbian strahlt übers ganze Gesicht. „Ich bin begeistert, damit habe ich nicht gerechnet“, gibt er gerne zu, als sich die Erwachsenen zu ihrer geschäftlichen Versammlung im Drittelsaal der großen Stadthalle trafen.
Bürgermeister Karl-Heinz Fitz ließ es sich nicht nehmen, seine Stadt stolz zu präsentieren: Wir sind älter als München und Nürnberg, eine zertifizierte Radfahrerstadt, die fünf Lastenräder ausleihen kann, den Bahnhof gekauft hat und gerade das Landesamt für Schule neu baut, sagt er. Da staunten nicht wenige der aus ganz Bayern angereisten Gäste.
„Gunzenhausen genießen“
Nach ihm trat Dekan Klaus Mendel ans Mikrophon. Er kennt „seine“ Rummelsberger gut, war er doch zehn Jahre lang Gemeindepfarrer im benachbarten Burgthann. Der baldige Ruheständler mahnte die Diakone, „die Sache Jesu nicht aus den Augen zu verlieren“, wenn sie in ihrem Unternehmen, der Rummelsberger Diakonie, sich täglich um mehr als 20.000 Menschen kümmern. Kirche sei nur glaubwürdig, wenn sie diakonisch handelt, rief er den Anwesenden zu und forderte sie auf, „Gunzenhausen einfach zu genie- ßen.“ Das zentrale Thema der Diskussionen drehte sich um eine neu aufzustellende Kirche, „weil sich die Rahmenbedingungen aufgeweicht haben“, so Barbian. Demnach müssen weniger Menschen noch größere Aufgaben stemmen. Künftig gebe es für sämtliche Berufsgruppen wie Pfarrer:innen, Diakon:innen, Sozial- und Religionspädagog:innen ein gemeinsames Dach, das des Lan- deskirchenamtes in München. Von dort werden die Männer und Frauen in ihre unterschiedlichen Stellen innerhalb Bayerns versetzt.
19 junge Leute haben Anfang September ihre Ausbildung in Rummelsberg begonnen, teilte der Brüderhausleiter Klaus Buchner mit. „Diese bringen einen völlig anderen Schwung mit“, sagt er. Ein paar haben sich sogar für dieses Wochenende angemeldet. Da saßen beim Mittagessen in der Jugendherberge knapp 20-Jährige und über 80-Jährige an einem Tisch und staunten, wie leicht Gespräche geführt werden können, wenn die Chemie stimmt.
Gunzenhausens Dekanatsjugendreferentin Franziska Reinhardt und ihr Team kümmerten sich in der Zwischenzeit mittels Schatzsuchespielen und vielem mehr um die Kinder der Diakonenfamilien. „Ich finde das Wochenende einfach perfekt“, gratuliert Sarah Betz aus Passau. Sie ist mit ihrem Mann Christian und ihren beiden Kindern Hanna (3) und Elena (10 Monate) angereist. „Wir haben uns total auf das Wochenende gefreut“, sagt sie. „Hier kann ich mit meinem Mann und den Kindern etwas erleben.“
Dominik Engelhaupt, Krankenpflegediakon, fasst die zwei Tage Gunzenhausen kurz und bündig so zusammen: „Ein tolles Erlebnis mit der ganzen Familie“. Das wurde besonders bei einem so genannten Werkstattgottesdienst am Sonntagmorgen deutlich. Gemeinsam in mehreren Kleingruppen erzählten Brüder und Frauen über Schätze, die sie in ihrem Leben gefunden haben, wie beispielsweise der Erlanger Diakon Karl Ostermeier, der seit 23 Jahren in der Obdachlosenarbeit seiner Stadt engagiert ist. Er erzählte, wie er Men- schen Hoffnung bringen kann. Dann sprach Eva-Maria, Frau eines Diakons, von dem sie bald geschieden wird. Sie reiste mit ihren zwei Töchtern an, berichtete, wie die Gruppe sie getragen habe, damit sie hier überhaupt mit erhobenem Haupt stehen könne. Beifall brandete auf. Beim Verabschieden fällt dieser Satz: „Das schreit nach Wiederholung.“
Text und Fotos: Diakon Reinhard Krüger