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90 Jahre Diakon_innenausbildung in der Kreuznacher Diakonie

Ausbildungsleiterin Doris Borngässer

„Werte sind die Grundlagen für die Arbeit im Alltag“. Unter diesem Leitwort werden seit 90 Jahren in Bad Kreuznach Diakon_innen ausgebildet. Damit ist die Stiftung kreuznacher diakonie eine von 22 Ausbildungsstätten in ganz Deutschland, die Frauen und Männer für das kirchliche Amt der Diakonin/des Diakons ausbilden. Ausbildungsleiterin Doris Borngässer freut sich auf den neuen Kurs, der im Oktober starten wird.. Im Interview berichtet die 60-Jährige über die Geschichte und die Hintergründe der Ausbildung.

Neuer Diakonen-Oberkurs startet im Oktober

Werte sind die Grundlagen für die Arbeit im Alltag

BAD KREUZNACH. Seit 90 Jahren werden in Bad Kreuznach Diakone ausgebildet. Damit ist die Stiftung kreuznacher diakonie eine von 22 Ausbildungsstätten in ganz Deutschland, die Frauen und Männer für das kirchliche Amt der Diakonin/des Diakons ausbilden. Ausbildungsleiterin Doris Borngässer freut sich auf den neuen Kurs, der im Oktober starten wird. Sie rechnet mit 8 Studierenden. Bevor es jedoch losgeht laufen zurzeit die Bewerbungsverfahren. Bewerberinnen sind zumeist Mitarbeitenden der Stiftung, aber auch mit so genannten „Externen“. Im Interview berichtet die 60-Jährige über die Geschichte und die Hintergründe der Ausbildung.

Frau Borngässer, wer als Laie nach einer Definition von „Diakon“ Ausschau hält, findet unter anderem Folgendes: Menschen, die sich um die Armen, Bedürftigen und Kranken sorgen und sich um die Verwaltung zu kümmern. Wozu bildet die Stiftung kreuznacher diakonie Diakoninnen und Diakone aus?

Doris Borngässer: „Alle, die Diakonin oder Diakon werden wollen, haben mindestens einen dreijährigen sozialen oder pflegerischen Beruf mit staatlicher Anerkennung oder ein abgeschlossenes Studium. Das ist eine der Voraussetzungen. In unserer Stiftung kommt ihre Aufgabe Senfkörnern gleich. Hier wirken sie als Diakoninnen und Diakone in unseren Einrichtungen ergänzend zur alltäglichen Arbeit, haben die Aufgabe, ein wachsames Auge auf die Menschen in ihrer Umgebung zu haben und sie zu begleiten. #

Die religiöse Dimension existentieller Lebensfragen beziehen sie in ihr professionelles Handeln ein. Sie reflektieren ihre eigene Haltung, ihr Menschen- und Weltbild und ihre Wertevorstellungen als Grundlage für ihr Handeln im Arbeitsalltag.“

Senfkörner als Keimlinge für gelebte Werte und Haltung der Stiftung im Alltag. Wie sieht das in Bezug auf die Praxis aus? 

 Doris Borngässer: „Diakoninnen und Diakone stehen als Gesprächs- und Ansprechpartner zur Verfügung, wenn es um seelische Sorgen und Nöte geht und ergänzen die alltägliche Arbeit in der Pflege durch Andachten seelsorgerische Gespräche und in besonderen Momenten eben auch bei der Verarbeitung von Trauer beim Verlust von Kolleginnen, Kollegen, Bewohner*innen, Patient*innen oder Angehörigen.

In der Corona-Pandemie haben sie verstärkt den Ängsten nachgespürt und waren besonders gefragt Mitarbeitende, Beschäftigte, Bewohnerinnen und Bewohner unserer Einrichtungen sowie deren Angehörige zu begleiten und aufzufangen.“

Wie ist die Geschichte der Diakonen-Ausbildung bei der Stiftung kreuznacher diakonie?

Doris Borngässer: „Die ersten Ideen zur Einrichtung einer Diakonenausbildung in Bad Kreuznach finden sich im Jahr 1910. Damals wurde beim Bau des Männerkrankenhauses an der Ringstraße auch daran gedacht neben der Ausbildung zur Diakonisse eine Ausbildung für Diakone einzurichten.

Sie sollte dort auch ihren Ort finden. Gesucht wurden: „unbescholtene Männer zwischen 18 und 23 Jahren, die eine gute geistige Begabung und einen gesunden Körper“ mitbrachten. So hat man das damals definiert. Sie durften auch „nicht ohne göttlichen Ruf“ sein. Die Ausbildung war kostenlos, ebenso die Unterbringung und Verpflegung, allerdings bestand Wohnpflicht. Gemeinschaftliches Leben, Lernen und Arbeiten war eng miteinander verwoben.

Durch den Ausbruch des 1. Weltkrieges mussten die Überlegungen zur Gründung einer Diakonenanstalt und -ausbildung allerdings zurückgestellt werden. Mit dem Bau des so genannten „Krüppelhauses“ 1928 – das heutige „Haus Paulinum“ – startete Pfarrer Hugo Reich, Gründer des 2. Rheinischen Diakonissen Mutterhauses, einen zweiten Anlauf zur Gründung einer „Diakonenbildungsanstalt“. Letztlich führten die Gedanken der Anstaltsleitung erst am 23. Mai 1931 zu dem Vorstandbeschluss, mit dem Bau eines Männerkrankenhauses sowie mit der „Brüderarbeit“ zu beginnen. Am ersten Advent 1931 wurde das Brüderseminar mit sieben Jungbrüdern neu eröffnet.

Durch den Ausbruch des 2. Weltkrieges und dem Einzug aller Brüder zum Kriegsdienst kam der Schulbetrieb zum Erliegen und konnte sich von den Folgen nach Ende des Krieges kaum erholen. 1946 fand der letzte Oberkurs statt, die Ausbildung wurde eingestellt und erst 1978 wieder aufgenommen – dann für Männer und Frauen. Im aktuellem Ausbildungskurs sind zwölf Männer und Frauen, die wir am 1. Advent in das Amt der Diakonin/des Diakons einsegnen können.“

Was sind die Inhalte der Ausbildung?

 Doris Borngässer: „Menschen mit einer abgeschlossenen sozialpflegerischen Ausbildung oder einem Studium können sich für die zweijährige Diakonenausbildung bewerben. Der Unterricht in der Diakonenausbildung erfolgt in kleinen Kursgruppen und umfasst circa 1.300 Unterrichtsstunden in den Fächern Neues Testament, Altes Testament, Diakonik, Ethik, Homiletik, Gemeindeaufbau und Jugendarbeit.

Wir vermitteln Methoden der Gemeindepädagogik und der Kommunikation, Dogmatik, Kirchengeschichte, Katechetik, Seelsorge, Betriebswirtschaftslehre sowie die Arbeit in und mit Gruppen, Teams und Organisationen. Die Module „Einführung in die Auslegung biblischer Texte“, „Stimmbildung“, „Einführung in das wissenschaftliche Arbeiten“ und Seelsorge in kurzen Begegnungen (Grund- und Aufbaukurs) ergänzen den Fächerkanon. Jeweils montags und dienstags wird berufsbegleitend unterrichtet. Zweimal jährlich findet eine Blockwoche statt.“

 

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